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Bräuche rund um Ostern Ostern ist nicht nur der höchste christliche Feiertag, sondern fällt zugleich auch in den Frühling – in den Bergen eine seit jeher äußerst bedeutende Zeit, in der der harte Winter seine Klauen endlich lockert und sich die Gemüter langsam wieder erhellen. I...

Bräuche rund um Ostern

Ostern ist nicht nur der höchste christliche Feiertag, sondern fällt zugleich auch in den Frühling – in den Bergen eine seit jeher äußerst bedeutende Zeit, in der der harte Winter seine Klauen endlich lockert und sich die Gemüter langsam wieder erhellen. In der österlichen Vorfreude spiegeln sich der schmelzende Schnee und das sprießende Grün.

Darauf bereitet man sich in christlichem Sinne mit der Fastenzeit vor. Kinder verzichten oft auf Süßigkeiten, viele Erwachsene halten sich in dieser Zeit von Alkohol und anderen Genussmitteln fern. An Freitagen wird besonders darauf geachtet, dass kein Fleisch, sondern bestenfalls Fisch auf den Tisch kommt. In der Karwoche steuern diese Entbehrungen auf ihren Höhepunkt zu – wenn sie sich danach auflösen, kann sich die ganze aufgestaute Freude über das blühende Leben entladen.

Diese Zeit wird von mehreren symbolträchtigen Traditionen geprägt, die einen religiöser – etwa das Stundengebet, das in manchen Gemeinden zum Osterzyklus gehört –, die anderen weniger.

Esel und Sträucher

Die Karwoche beginnt mit dem Palmsonntag, als Jesus nach biblischer Erzählung auf einem Esel in Jerusalem einritt und von der begeisterten Menge empfangen wurde. Der Esel musste allerdings in letztem Moment aus einem Stall herbeigeschafft werden – so wird auch das Familienmitglied, das an diesem Morgen zuletzt aufsteht, zum Palmesel gekürt. Außerdem gehört zu diesem Tag das Palmbuschenbinden: auf Stöcke werden mit Bändern, Olivenzweigen, Blumen, Gräsern und allem, was man sonst schon draußen finden kann, bunte Sträuße gebunden und gesegnet. Danach werden die Buschen getrocknet. Naht ein Gewitter, werden die geweihten Gräser im Ofen zum Schutz von Familie und Hab und Gut verbrannt.

Eier und Gräber

Am Gründonnerstag werden Hühnereier bunt gefärbt, oft mit natürlichen Farbstoffen: Zwiebeln und rote Beete zum Beispiel. Besonders schöne Muster ergeben sich beim „Einbinden“, wenn auffällig geformte Gräser mit einem Faden um das Ei gebunden und dieses dann in Farbe getaucht wird. Dann heißt es allerdings zuerst einmal Finger weg. Am Karfreitag wird nämlich besonders streng gefastet. 

Eine lange Tradition hat außerdem das Schmücken von Ostergräbern. In Kirchen oder auf Kreuzwegen werden bunte Glaskugeln und Blumen aufgestellt, die vor allem nachts eine zugleich melancholische und bezaubernde Atmosphäre verbreiten. Auch die Kirchglocken müssen in der Karwoche schweigen. Stattdessen kommen die Ratschen zum Einsatz, das hölzerne Klackern ersetzt das Geläute. Das Instrument wird oft von jungen Männern auf den Kirchtürmen gespielt. Am Karfreitag stirbt symbolisch alles Schöne mit Jesus am Kreuz.

Geschenkte und Gufen

Erst am Ostersamstag löst sich die Strenge der letzten 40 Tage. Am Abend werden vor den Kirchen die Osterfeuer entzündet und ihr Licht bei völliger Dunkelheit durch das Mittelschiff getragen. So ersteht Jesus nach christlichem Glauben wieder auf. Am Abend und am darauffolgenden Ostersonntag bringen die Familien Körbe voll von Köstlichkeiten zur Messe, wo sie gesegnet werden: das traditionelle Osterbrot, Osterschinken, gefärbte Eier, Kren und vieles mehr. Später wird dann mit den gesegneten Speisen ein ausgiebiges Frühstück angerichtet.

Wenn die Kinder am Ostersonntag aufwachen, denken sie allerdings nur an eins – an die Eier und kleinen Gaben, die der Osterhase für sie versteckt hat. Haben sie ihre Osternester erbeutet, hat die Fastenzeit für sie endlich ein Ende. Auch von den Taufpaten erhalten sie an diesem Tag Geschenke, im Vinschgau wird diese Tradition in den „Fochaz“ verbackt – ein Osterbrot, das oft kleine Geldgeschenke enthält.

Und ob vor der Kirche, in der Bar oder zuhause: Ostern ist kein Ostern ohne das „Pecken“ oder „Guffen“. Dabei schlägt nacheinander zuerst der eine Spieler die Spitze seines Ostereis gegen die Eispitze seines Gegners, danach wird mit der flachen Seite „gepeckt“. Der, dessen Ei zerbricht und sich somit als schwächer erweist, muss dem Sieger sein Ei abtreten. Besonders Gewiefte sacken mit einem bemalten Holzei große Gewinne ein.

Die reiche Fruchtbarkeitssymbolik rund um Farben, Eier, Lämmer und Glocken ist typisch für den Alpenraum und läutet das neue Jahr ein: Was im Winter gestorben ist, hat sich nun an die wärmenden Sonnenstrahlen zurückgekämpft. Mit Ostern wird das Leben ist neu geboren.